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Denken

10 Jahre Postmigrantisches Theater

Ausstellung & Paneldiskussion

Narrative des Postmigrantischen Theaters:

Repräsentation, Erinnerungsarbeit und Geschichtsschreibung

Während das bürgerliche, deutsche Theater auf Narrative aus dem Repertoire des klassischen westlichen Theaterkanons zurückgreift und in den letzten zehn Jahren ein Boom des Dokumentartheaters als künstlerische Aufarbeitung von Politik und Alltag zu beobachten ist, bringt die postmigrantische Theaterbewegung für ihre Produktionen neue Erzählungen auf die Bühne.

Es sind Erzählungen von Menschen, deren gelebte und über Generationen vermittelte Erfahrungen unterschiedliche geografische, kulturelle und politische Kontexte umfassen. Geschichte/n, die von der deutschen Theaterlandschaft lange vernachlässigt wurde/n.

Die Narrative des postmigrantischen Theaters reichen so über den bis dato bestehenden westlichen Theaterkanon hinaus. Sie leisten eine kulturelle Erinnerungsarbeit, die das Theater zu einem Raum des Lernens, Erfahrens und der Verhandlung von Geschichte/n macht. Zugleich erweitern sie die offizielle Geschichtsschreibung und Erinnerungskultur.

Ausgangspunkt der Diskussion ist Stuart Halls Konzept der „new ethnicities“, mit dem Hall die Kulturproduktionen einer in den 1980er Jahren entstandenen jungen Generation Schwarzer Kunstler*innen in Großbritannien beschrieb. Deren Weiterentwicklung findet sich in Onur Suzan Nobregas Konzept der „neuen postmigrantischen Ethnizitäten“ und der intergenerationellen kulturellen Erinnerungsarbeit des postmigrantischen Theaters.

Vertreter*innen der Kunst und der Wissenschaft diskutieren in dieser Veranstaltung die Entwicklung eines Archivs postmigrantischer Narrative. Sie gehen dabei u.a. ein auf Themensetzung, künstlerische Recherche, Stückentwicklung sowie Repräsentationspraktiken und deren Wirkung im und über den Theaterraum hinaus.

 

Die Protagonist*innen des postmigrantischen Theaters haben über einen Zeitraum von zehn Jahren eine Institutionalisierung von Künstler*innen of Color in der deutschen Theaterlandschaft erfolgreich etabliert. An deutschen Universitäten und Kunsthochschulen jedoch gab es bisher keine erfolgreiche Implementierung von postmigrantischen Perspektiven oder eine Anstellung von Akademiker*innen of Color in Führungspositionen. Dies zeigen die Auseinandersetzung um die „Black Studies“ an der Universität Bremen ebenso wie die institutionell ausschließlich mit weißen Wissenschaftler*innen besetzten Lehrstühle an Kunsthochschulen, an denen auch eine junge Generation von Künstler*innen of Color ausgebildet wird. Hinzu kommt, dass das postmigrantische Theater noch immer oftmals aus einer migrationssoziologischen statt theater- und kulturwissenschaftlichen Perspektive analysiert wird.

In der ersten Panel-Diskussion unserer Jubiläumsreihe werden wissenschaftliche Expert*innen gemeinsam mit Künstler*innen der postmigrantischen Theaterbewegung Fragestellungen wie den folgenden nachgehen: Was kann die Wissenschaft von der Kunst lernen? Was kann die Kunst von der Wissenschaft lernen? Welche Methoden, Strategien, Interventions- und Verhandlungsmöglichkeiten haben Künstler*innen und Akademiker*innen of Color und was können sie von der erfolgreichen Institutionalisierung des postmigrantischen Theaters lernen? Ziel der Veranstaltung ist es, gemeinsame Strategien und Empfehlungen zu erarbeiten, die den Wissenstransfer zwischen Theater und Wissenschaft thematisieren und sich mit der wissenschaftlichen Aufarbeitung des postmigrantischen Theaters und der Arbeiten von Künstler*innen of Color befassen.