Das Auge des Zyklopen ist rund ‒ wie ein Kamera-Objektiv. Wer das Auge lenkt, herrscht!
Zé de Paiva lässt in seinem Regiedebut am Ballhaus Naunynstraße seine Erfahrungen als Schauspieler, Tänzer, Fotograf und Videokünstler zusammenfließen: In einer intermedialen Performance sucht er ‒ gemeinsam mit der Tänzerin Nasheeka Nedsreal ‒ die postkoloniale Bildordnung zu verzerren. Bilder legen sich auf Körper. Sie gleiten über Wände, Menschen, Dinge. Alles ist Bildträger. Die Bilder lasten, überlagern, transformieren. Was wir Wirklichkeit nennen, ist eine Collage von Bild und Materie. Bildstörung. Wer produziert die Bilder? Für wen? Für welchen Zweck? Mit Cyclops stellt der Performer Zé de Paiva die Kamera, diese omnipräsente, allmächtige Bilderproduzentin ins Zentrum ‒ als Widerpart, als Instrument der Herrschaft und der Ermächtigung. Wer führt die Kamera, bestimmt den Ausschnitt, wer bedient den Auslöser?
Kameras machen sichtbar, geben Gestalt. Wer über den Apparat verfügt, entscheidet über die Art des Sehens und Gesehenwerdens. Die fotografische Praxis schafft die Hierarchie der Betrachtenden und Betrachteten. Sie ist Teil des späten Kolonialismus, der Überwachung, Kategorisierung, Verwaltung, der Objektivierung von Körpern und Menschen. Man spricht vom „Protagonisten“ und meint die Person vor der Kamera. Aber ist die eigentliche Protagonistin nicht die Person mit der Kamera, dieser artifizielle Zyklop? Ist der Rollentausch möglich? Was siehst du? Wer bist du, mein Gegenüber mit diesem Blick auf die Welt? Wie siehst du mich? Ist die Welt auf deine Perspektive eingestellt? Und wenn ich dich auf meinem Bildschirm sehe, wer bist du dann? Wer führt den Blick, wer verführt?
Cyclops ist ein Tanz mit Kabeln und Augen. Ein Kampf um Bewegungsmöglichkeiten. In der Performance suchen Zé de Paiva und Nasheeka Nedsreal die Aneignung, die Licht-Brechung im Dienst ihrer Perspektiven als Schwarze Protagonist*innen.
PRESSESTIMMEN:
De Paiva nutzt die Kamera, um einen Bogen zwischen der kolonialen Vergangenheit und der Gegenwart herzustellen, und die politischen Implikationen der eigenen Rolle in Relation zur Linse sind bewusst in den Fokus gesetzt.