Samo ist bildender Künstler. Geschickt ist es ihm gelungen, seine Werke für sich sprechen zu lassen. Seine Person selbst tauchte bisher in der Öffentlichkeit nicht auf. Aber seine Werke sind gefeiert. Und plötzlich steigt der Druck, Journalist*innen und Kunst-Makler*innen wittern eine Geschichte, rücken näher. Das Gesicht zu zeigen, wäre eine Sensation; eine pikante Story, eine Preissteigerung ‒ so das Kalkül. Aber Samo zögert. Denn der Preis, den er zu zahlen hätte, könnte hoch sein, existenzgefährdend hoch. Ein Wettlauf um Selbstbestimmung und Deutungshoheit, eine erzwungene Performance um das Recht am eigenen Bild beginnt.
Aesthetics of Color ‒ ein Kammerspiel zeigt einen Künstler und seine Strategie in einem weißen Markt zu überleben. Schwarze bildende Künstler*innen haben Absatz, sie scheinen Teil der weltweiten Kunstzirkulationen aus Biennalen und Messen zu sein. Ein neuer Hype in der geweißten Kunstwelt! Aber was produzieren sie? Welche Räume bieten die freien Künste? Wer kann sich darin wie behaupten? Und was ist der Preis, den man zu zahlen hat, wenn man sich im White Cube dem freien Markt der Kunst aussetzt?
Für sein Drama Aesthetics of Color ‒ ein Kammerspiel ließ sich Toks Körner von Protagonist*innen der Berliner Kunstszene inspirieren, zahlreiche Interviews bilden den Ausgangspunkt. Es ist eine Betrachtung der Mechanismen der kosmopolitischen Szene, in der Autonomie, Kreativität und Freiheit zentrale Werte sind. Es ist eine scharfe Analyse der Projektionen, die im Namen der Kunstkritik über Werke und Kunstschaffende gelegt werden. Es ist eine zeitgenössische, selbstbestimmte Repräsentation eines Schwarzen Künstlers im Medium des Theaters. Der vielfach allein geführte Kampf ‒ um Anerkennung, Würde und Auskommen ‒ bekommt hier, mit der Produktion Aesthetics of Color ‒ ein Kammerspiel, einen Raum, eine theatrale Form, eine Öffentlichkeit.
Der Schauspieler und Drehbuchautor Toks Körner schrieb 2017 seinen ersten Theatertext: Walking Large. Die gleichnamige Inszenierung (Regie: Atif Mohammed Nor Hussein) am Ballhaus Naunynstraße war für den Monica-Bleibtreu-Preis nominiert und zu den Privattheatertagen 2018 eingeladen. Aesthetics of Color ist das zweite von ihm geschriebene Drama und sein Debut als Regisseur.
PRESSESTIMMEN:
„Toks Körner, Schauspieler, Drehbuchautor („Borga“) und hier Regiedebütant, schickt seinen Helden geradewegs in die Hölle des Hypes. […] Körner, dessen Debütdrama „Walking Large“ ebenfalls am Ballhaus zur Premiere kam, hat [für „Aesthetics of Color“] Interviews mit Protagonisten der Berliner Kulturszene geführt, hat Erfahrungen gesammelt und sie zu einem eindringlichen Stück über Projektionen und Zuschreibungen verdichtet.“
(Patrick Wildermann, Tagesspiegel, September 2019)
„Die politischen und sozialen Botschaften an diesem Theater sind so klar wie die Fragen, die sich die Künstler*innen stellen, danach, wie Unterschiede produziert werden; […] der Inhalt steht im Vordergrund und zeugt damit einmal mehr von dem Bedürfnis, dass diese Geschichten erzählt werden müssen.“
(Katrin Bettina Müller, taz, September 2019)
Und nach wie vor lässt die Diversität auf deutschen Bühnen zu wünschen übrig, das Problembewusstsein aber ist geschärft, woran auch das Ballhaus Naunynstraße Anteil hat. Ist es ein Wunder, dass „Aesthetics of Color“ heute Abend dort uraufgeführt wird?“
(Doris Meierhenrich, Berliner Zeitung, September 2019)