Our mascot
Our logo
Theater

Café Europa vs. dog eat dog

Aus der Heimattrilogie von Nuran David Calis

»Meine Geschichte ist es wert, erzählt zu werden. Ich habe eine Geschichte. Aber ich habe keine Sprache. Mein Name ist Menem. MENEM. Mein Name schreibt sich von hinten wie von vorne, Menem. Ich bin 30 Jahre alt, ich trage alles in mir und bin nichts von dem. Meine Eltern sind beide tot. Ich habe sie hier in dem Land, dessen Sprache sie nicht sprechen konnten, begraben, ich habe ihnen zwei Steine aufgesetzt und ihre Namen raufschreiben lassen, in der Sprache, die nicht ihre war.«

Menem war Serkan und Serkan wird Menem sein. Sie arbeiten beide als Türsteher in Nachtclubs. An ihrem Arbeitsplatz durchleuchten sie die Menschen, die rein- oder rausgehen, und versuchen doch nur, ihr Ich einzufangen, das sich wie ein in tausend Stücke zerrissenes Bettlaken vor ihnen ausbreitet. Sowohl an Serkan wie auch an Menem geht der Ruf, den Platz an der Tür zu verlassen.
»Nicht drinnen und nicht draußen, die Stirn nach außen, der Arsch nach innen.«
Eine Tür in der Bühnenmitte. Der Club ist das Draußen, das Draußen ist das Drinnen. Draußen vor der Tür spielen sich die Leidenschaften der jugendlichen Gang aus Dog eat Dog ab. Serkan will den tristen Großstadtvorort verlassen, um mit der Träumerin Pola ein neues Leben zu beginnen. Doch sein bester Freund Tom will nicht alleine zurückbleiben.
Menem hat sich vor der Tür des Café Europa eingerichtet. Er erwartet nicht mehr viel vom Leben. Alles geht seinen Gang. Doch dann kommt Natascha, eine berühmte Schauspielerin, und will ihn mitnehmen. Und auch mit der Kellnerin Eva, die ihm jeden Abend seinen Kaffee bringt, spricht er in dieser Nacht zum ersten Mal.
Der Abend schreitet fort. Um so delirierender die Figuren. Die Schicht neigt sich dem Ende zu, die Beats aus dem Inneren des Clubs werden langsamer. Und die Tür wird zur Leinwand für die Geschichte von Yussuf und Maria, den Eltern der Türsteher. Sie haben sich auf den Weg zurück in die Heimat gemacht, zu dem Zauberbrunnen, der im Winter warmes und im Sommer kaltes Wasser hat.
Die Identitätssuche, von der Calis hier erzählt, lässt seine eigene armenisch-jüdische Herkunft lebendig werden. Der Beruf des Türstehers wird zum Symbol von Heimatlosigkeit, nicht nur von Migranten.
Mit dem Stück Café Europa vs. Dog eat Dog von Nuran David Calis kommt einer der erfolgreichsten Nachwuchsdramatiker ans Ballhaus Naunynstraße. Eigens für das Eröffnungsfestival Dogland hat Regisseur Mehdi Moinzadeh zwei Stücke aus Calis’ Heimattrilogie montiert. Der im Iran geborene Moinzadeh, wie Calis ein Ex-Türsteher, lässt die Texte gegeneinander antreten. Ohne falsche Harmonie. Als Battle.
Die Musik dazu kommt von dem Kreuzberger Hip-Hop-Künstler Volkan T. (Sprich deutsch oder stirb).