FESTIVALERÖFFNUNG – DECOLONIAL FREQUENCIES
Ein junger indischer Student kommt Anfang der 1960er Jahre nach Darmstadt, um in Physik zu promovieren. Kalter Krieg. Atomphysik ist angesagt. Es ist die Zeit der postkolonialen Souveränitätsbestrebungen. Und was ist in Darmstadt? Man bemüht sich nach den Gräueln des Nationalsozialismus international wieder Gesicht zu gewinnen, experimentiert mit Neuer Musik, mit technischen Apparaturen zur Klangerzeugung. Wie klingt diese neue elektronische Musik im Ohr des indischen Physikers?
Der Komponist, Theatermacher und Dirigent Sandeep Bhagwati begibt sich in The Sound of Misunderstanding – Dhvanivala‘s Sonic Explorations auf die Suche nach den Spuren dieses Studenten. Sie führen unmittelbar in die Widersprüche jener Epoche jener von abstoßenden Teilen und Energien übersättigten, konfliktreichen Zeit. Als Doktor der Physik kehrt der junge Mann nach Indien zurück – aber auch als Soundtüftler, angeregt durch die Erfahrung in Darmstadt. Diese Mehrfachidentität zu leben, verlangt mehrere Namen. Für Bollywood heißt er Dhvanivala, der Soundlieferant.
Dhvanivala als Radiofassung wurde 2015 für Deutschlandfunkt Kultur erstellt.
Decolonial Frequencies ist eine Reihe von Veranstaltungen über die gesamte Spielzeit 2021 / 22. Mehr als 20 Künstler*innen, Schwarze Perspektiven, queere Ansätze, asiatisch-diasporische Setzungen, postmigrantische Traditionen und Stimmen of Color, schaffen sechs Monate lang mit zahlreichen Performances, Lectures und Konzerten ihre eigenen akustischen Räume – mit kritischer Amplitude, in tänzelnder Eigenschwingung, in unkontrollierbarer Interferenz.
Das Festival Decolonial Frequencies ist eine kuratorische Zusammenarbeit mit meLê yamomo.