Anlässlich der Verleihung des Theaterpreises des Bundes 2023 an das Ballhaus Naunynstraße wurden wir gefragt, was eigentlich das Besondere an unserer Arbeit, am postmigrantischen Theater, sei. Mal davon abgese- hen, dass diese Frage in ihrem Wunsch nach Einfachheit absurd ist, ist sie doch provozierend gut. Das Besondere?
Wir machen Theater und stellen uns dieselben Fragen wie alle Theater- macher*innen: Was sind das für Rollen – auf der Bühne, im Drama, im Leben? Wie kommen diese Rollen zustande, durch wen oder was werden sie geprägt? Sollten sie nicht ganz anders sein, anders, als es der Main- stream gerade fordert?
Vielleicht ist das Besondere, dass wir vermessen sind zu meinen, dass die Rollenentwürfe für die Bühne Auswirkungen auf den Alltag haben. Aber so vermessen ist das gar nicht, die Veränderungen der Rollenprofile sehen wir täglich. Man muss sie nur beständig fragen, diese Frage: Wie werden wir zu denen, die wir sein möchten? Und die Bühne für ein beständiges Ausprobieren nutzen. Diesmal geschieht das ganz explizit: Wie ich werde, wie ich sein will ist eine neue Tanzreihe am Ballhaus Naunynstraße, ein choreographisches Triptychon über die Selbstgestaltung Schwarzer Weiblich*keiten von drei Choreografinnen.
Den Auftakt macht Lois Alexander mit ihrem ersten Tanzsolo am Ballhaus Naunynstraße: Eventually Causing the Shake. (Uraufführung: 01. Dezember 2023). Im Zentrum ihrer Choreografie steht die Frage nach den Quellen der eigenen Kraft – gefunden auf einer diasporischen Reise zwischen Pazifischem Ozean, Atlantik und Berlin.
Am 15. Dezember feiert Magda Korsinskys vierte Arbeit am Ballhaus Naunynstraße Premiere: WERDEN. In Zusammenarbeit mit vier FLINTA* machte sie sich auf die Suche nach Vorbildern, realen, wirkmächtigen, fehlenden, überwundenen, erträumten. Denn es braucht Sterne, die das Manövrieren durch eine strukturell gewaltvolle Gesellschaft erleichtern. Und so ist WERDEN ein einzigartiges Archiv, ein choreografisch-performatives Geflecht, gewebt aus dem Erfahrungsschatz Schwarzer FLINTA*. (Vorstellungen vom 15.-19. Dezember 2023). Die dritte Arbeit der Tanzreihe Wie ich werde, wie ich sein will, die choreografische Arbeit von Fernanda Costa, Caminhos das Águas – Unaufhaltsames Fließen wird vom 02. bis 06. Februar 2024 uraufgeführt. Das Stück arbeitet gemeinsam mit drei Schwarzen Tänzerinnen* an der Verflüssigung – der Kategorien, der Bewegungen, der Spiegelbilder. Und an einer veränderten Beziehung von Innen und Außen. Schließlich sind wir Wasser. Wir sehen uns darin, verflüssigt.
Teil der Tanzreihe
Caminhos das Àguas - Unaufhaltsames Fließen