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Performance

Complex of Tensions

von Jasco Viefhues

Engl. & dt. Übertitel

Willkommen! Willkommen an Bord. Willkommen auf der Umlaufbahn! Auf der Suche nach Bildern neuer Schwarzer Männlichkeit* steuern wir das Zentrum an. Bis wir vollen Schub erreichen. Permanent strömt die Energie. Endlos verausgabt sich die Sonne. Die Erfahrungen, die wir machen, wiederholen sich. Wie in einer Doppelhelix wachsen Geschichte und Generationen. Doppelt gewindet. Die Erfahrungen spiegeln sich. Männer* sind gemacht, Schwarze Männer*. Wie frei sind wir? Führen die Erfahrungen von Gewalt und Zurichtung, die wir Geschichte nennen, allein zur Härte, zur Abstoßung? Die Kolonialgeschichte dreht sich langsam, entsetzlich langsam. Vorherrschende Bilder Schwarzer Männlichkeit* lassen keinen Raum für Zukunft. Und doch dreht sich die Geschichte. Wollen wir nicht tanzen, das Gewicht verlagern, die angestammte Bahn verlassen, mit unserer Wucht? Die Laufbahn der Geschichte lässt sich durch Masse und Dichte lenken.

Der Filmregisseur, Videokünstler und Theatermacher Jasco Viefhues arbeitet seit mehreren Jahren aus queerer Perspektive zu Themen wie experimenteller Erinnerungskultur und Schwarzer Männlichkeit*, zuletzt dramaturgisch für Bishop Blacks Performance Becoming my Body im Mai 2019 am Ballhaus Naunynstraße.

Den Ausgangspunkt für Complex of Tensions, für Jasco Viefhues Debut als Regisseur im Theater, bilden Interviews mit in Berlin lebenden, queeren, Schwarzen Männern*. Ihre Erfahrung, ihre Geschichten, ihre Widerstände bilden das zugrundliegende Geflecht.

Die Ordnungen von Geschlecht und Hautfarbe, von Gender und Race, sind soziale Konstrukte. Schwarze Männlichkeit* ist ein gesellschaftliches Produkt, ein „Extrem“, durch das die Gesellschaft ihre Hierarchie und Normen figuriert. Und doch wird mit voller reaktionärer Wucht daran gearbeitet, die historischen und halluzinatorischen Hierarchien der Privilegierung und Verwertung aufrechtzuerhalten – die Zeiten sind brutal. Und so fehlen positive Bilder, Vorbilder. Complex of Tensions ist die künstlerische Reflexion und performative Entwicklung selbstbestimmter Schwarzer Männlichkeiten*, eine dringliche Intervention.

 

Pressestimmen:

„Toxische Männlichkeiten erniedrigen, verletzen, bedrohen und töten, jeden Tag. Sie sind der misogyne Witz auf einem FDP-Parteitag. Sie sind der Terrorist, der eine frauen- und queerfeindliche, rassistische, antisemitische Weltordnung der Hierarchien verteidigt.“

„Bereits das Bühnenbild von „Complex of Tensions“ führt aus der Gegenwart […] Die einnehmende Schönheit dieser Performance besteht jedoch weniger in den Worten, die Itoka und Maciel (miteinander) sprechen. Diese verlieren mitunter an Sogkraft und lassen auch zwischen den beiden wenig Dynamik aufkommen. Es ist mehr das Zusammenspiel von Körpern, Licht, Raum und Kleidungsstoffen, von Farben und Materialität, die fesselt. Wärme kehrt in mich ein.“ (nachtkritik, Oktober 2020)

„Was entsteht, ist ein starkes Geflecht aus literarischen Verweisen (vom Postkolonialismus-Denker Frantz Fanon bis zum Lyriker Jericho Brown), aus Erinnerungen an die rassistische Türpolitik im legendären Studio 54 (indes: „im durchsichtigen weißen Shirt ging so einiges“), oder an die haitianische Revolution als Matrix für die Furcht vor Schwarzer Emanzipation. Complex of Tensions“ ist eine assoziative Collage von Stimmen aus der Afro-Diaspora, von Berichten einer persönlichen Identitätsfindung im Spannungsfeld der Projektionen. „Du kannst dich entscheiden, die Wahrheit oder die Lüge zu leben“, heißt es einmal. „Aber du kannst dich nicht entscheiden, queer zu sein“. (Tagesspiegel, Oktober 2020)